Psalmlieder

Anhang zu Kath. Antworten auf die Lieder der Ref.

Hier sei dreier Liederschöpfer im zeitlichen Nahbereich der Reformation gedacht, die den Grundsatz der Reformatoren Luther und Calvin verfolgten, das Laienvolk im Gottesdienst in der Landessprache singen zu lassen: Michael Vehe (1485-1539), Johan(n) Leisentrit (1527-1586) und Caspar Ulenberg (1549-1617).

Michael Vehe „war Kirchenlehrer, Weihbischof und Herausgeber des ersten katholischen Gesangbuches mit Noten.“ Es erschien 1537 unter dem Titel "Ein new gesangbüchlin für alle guten christen nach der ordenung christlicher Kirchen“ und enthielt 56 deutschsprachige Lieder.

„Nachdem jahrhundertelang fast nur lateinische Lieder im Gottesdienst erklangen, die hauptsächlich von Priestern und Mönchen gesungen wurden, führte Luther deutsche Lieder in die Liturgie ein. Diese Lieder, darunter ‚Ein feste Burg ist unser Gott’, wurden schnell populär und verbreiteten sich rasch ... Vehe erkannte die Bedeutung der (lutherischen) Lieder, sein Gesangbuch ist eine Antwort auf die reformatorischen Bemühungen.“ [1]

Dieses Gesangbüchlein enthielt auch die ersten deutschen Psalmlieder aus der Feder von Caspar Querhammer, Bürgermeister in Halle und Dichter-Komponist geistlicher Lieder. Es ist offensichtlich, dass er sich nach Luthers Vorbild ausrichtete. So wurde bei ihm aus Luthers Psalmlied „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“ (nach Ps 130) der Titel „Aus Herzens Grund schrei ich zu dir“ – von weiteren Eingriffennicht zu reden. Querhammer verlor kein Wort darüber, woher das Lied stammte. [2]

Johan Leisentrit wurde 1549 zum Priester geweiht und bekleidete verschiedene Kirchenämter. Als Generalkommissar für die Lausitz hat er durch kluge Amtsführung erreicht, dass dieser Raum dem katholischen Einfluss nicht völlig verloren ging. Aus seinen Erfahrungen - gerade in diesem Spannungsgebiet zwischen altkirchlicher Tradition und reformatorischer Erneuerung - dürfte es zu erklären sein, dass Leisentrit für die Verdeutschung des Gottesdienstes eintrat:

„Sein Versuch der Einführung der Muttersprache bei der Sakramentenspendung und in der heiligen Messe (sogenanntes Deutsches Hochamt) scheiterte an den gegensätzlichen Bestimmungen des Trienter Konzils.“ [3a]

Dennoch ist ihm das zweite katholische Gesangbuch zu verdanken, ein Opus der Superlative. Es heißt:

„Unter Leisentrits Werken ragt das 1567 erschienene Gesangbuch ‚Geistliche Lieder und Psalmen der Alten Apostolischer recht und war glaubiger Christlicher Kirchen’ hervor. Dieses größte, wohl am schönsten ausgestattete und in ganz Deutschland verbreitete Gesangbuch der Gegenreformation enthält 250 Lieder mit 181 Melodien, darunter viele aus protestantischen Quellen und etwa 70 neue, die aus Leisentrits eigener Feder stammen dürften.“ [3b]

Bereits der Titel dieses Gesangbuchs bringt die besondere Beachtung der Psalmen hervor. Es war Quelle für nachfolgende katholische Gesangbücher. So enthält das 1975 erschienene GGB „acht Lieder nach Texten und / oder Melodien von Leisentrit.“ [4]

Der Konvertit Caspar Uhlenberg stammte aus evangelischem Elternhaus. Zunächst studierte er in der Luther-Stadt Wittenberg Philosophie und Theologie, trat jedoch nach theologischen Studien in Köln zum katholischen Glauben über. 1576 empfing er sogar die Priesterweihe. [5] Vor diesem Hintergrund dürfte es umso interessanter sein, dass er als Dichter und Komponist den gesamten Psalter in Liedform unter dem Titel „Die Psalmen Davids in allerlei deutsche Gesangsreime gebracht“ erstellte und 1582 herausgab, sicherlich in Anlehnung an das Vorbild und den Erfolg des Genfer Psalters in der deutschen Übersetzung von A. Lobwasser. Im Vorwort zu seinem Psalterwerk lässt Ulenberg die zu dieser Zeit durchaus übliche interkonfessionelle Polemik anklingen. Wir zitieren Herbert Ulrich:

„So bemerkt er (Ulenberg) ... dass das von Sektierern und Ketzern Verfälschte hier wieder in alter Reinheit vorgelegt werde. Dann gibt er zu bedenken, dass das, was den Schismatikern recht sei, den Anhängern der alten Lehre nur billig sein könne und müsse, dass man also den deutschen Gesang auch in den Dienst der katholischen Missionierung stellen könne. Vergleicht man das Programm mit der Arbeitsweise und den Ergebnissen Ulenbergs, so stellt man bald fest, dass die Polemik offenbar zur Pflicht gehörte, dass in der praktischen Arbeit aber die Nähe zu den reformierten Vorbildern selbstverständlich war. Dies ging soweit, dass er für die Ausgabe von 1603 die Melodie zu Psalm 116 direkt dem Genfer Psalter (dort zu Psalm 9) entnahm ... Ulenberg glaubte möglicherweise, dass das absolute Gebot des Lateins im Gottesdienst der römischen Kirche bald einmal gelockert würde ... Die römische Kirche hatte für die Forderungen aus dem deutschen Sprachraum freilich keine Verständnis.“ [6]

Soviel zu frühen Bestrebungen, die in Anlehnung an die Volkssprachlichkeit der protestantischen Gottesdienste und Lieder vorgetragen wurden – und zu den Psalmliedern im Besonderen. Das Ulenberg-Zitat duetet an, dass die offizielle Kirche Forderungen aus dem Land der Reformation zunächst distanziert gegenüber stand. Der große landesprachliche Durchbruch kam erst im 20. Jahrhundert; vor dem Hintergrund des Zweiten Vaticanischen Konzils entstand das fast durchweg deutschsprachige GGB „Gotteslob“ – wohl auch als Ausdruck ökumenischer Annäherung.

Quellen und weiterführende Literatur

[1] Wikipedia: Michael Vehe.
[2] Nach Rudolf von Sinner: Von der Notwendigkeit des genauen Hinschauens. In: Andrea Schulze, Rudolf von Sinner, Wolfram Stierle: Vom Geheimnis des Unterschieds, Münster 2002, S. 260.
[3a] und [3b] Wikipedia: Johann Leisentrit.
[4] Ökumenisches Heiligenlexikon.
[5] Wikipedia: Caspar Ulenberg
[6] Herbert Ulrich: Caspar Uhlenberg (1549-1617) – Lieder der Gegenreformation im reformierten Gesangbuch der Schweiz; in: Peter Ernst Bernoulli/Frieder Furler (Hrgb.): Der Genfer Psalter; eine Entdeckungsreise, Zürich 2001, S. 75f.